im Gedenken an Rainer

...ein paar Worte aus einem Buch von Rainer Taeni

All dies (seine Kindheit; m. Anm.) ist tatsächlich einmal lebendige, von wachen Sinnen, von mir selber empfundene Wirklichkeit gewesen - so und nicht anders und unabänderlich - und nun zwar vergangen, aber deshalb noch nicht unwahr geworden - noch immer wirksam in mir !

Der mir davon verbliebene bewußte Erinnerungsrest ist allerdings nicht nur höchst unzulänglich, sondern insbesondere durch Abwehr und unbewusste (aber ziel-

gerichtete !)  Ablenkung vernebelt und so in mancher Hinsicht wohl (vermeintlich; m. Anm.) unwahr gemacht.

Die heutige Gegenwart aber flieht genauso dahin. Von Dauer ist, wenn ich Glück habe, lediglich meine Fähigkeit, die unablässig stattfindenden Veränderungen zu fühlen, mich zu ihnen in Bezug zu setzen und zeitweise darin aufzugehen : eben zu leben.

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Ein bißchen mehr Offenheit in unseren Beziehungen zu anderen, etwas weniger Angst vor Ablehnung und ein gewisses Maß an Bewusstheit, dass ich die anderen oft gar nicht sehe, wie sie sind, sondern so, wie sich wichtige Personen meiner Kindheit zu mir einst verhielten. 

Das kann bereits viel ausmachen. Es kann unser Leben wenigstens etwas ehrlicher und wahrer gestalten, als es heute noch sein mag - besonders, wenn es zur gemeinsamen Angelegenheit vieler wird, die einander darin unterstützen.

(Taeni Rainer, Hamburg 1979)